Die Welt der Kryptowährungen und der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) strotzt vor Innovation und Potenzial – sie kommt aber mit regulatorischen Herausforderungen einher. Die jüngste Entwicklung in diesem Bereich ist die Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCA), ein ehrgeiziger Schritt der Europäischen Union (EU) zur Schaffung einer umfassenden Regulierung für Kryptowerte.
Gilt die MiCA-Verordnung für Utility-Tokens? Reguliert die MiCA-Verordnung Security-Tokens? Was ist mit Stablecoins, E-Geld-Tokens (EMTs) und vermögenswertereferenzierte Tokens (ARTs)? Gilt die MiCA-Verordnung auch für Schweizer und andere Nicht-EU-Unternehmen? In unserer Blogpost-Serie werden wir die MiCA-Verordnung und ihre Auswirkungen auf FinTech-Unternehmen, die sich mit Krypto-Projekten und DLT-Technologien in der EU befassen, aufschlüsseln. Dieser erste Blogpost gibt eine Einführung zur MiCA-Verordnung und erklärt, was von der MiCA-Verordnung geregelt ist und was nicht.
Was die MiCA-Verordnung für den EU-Kryptomarkt bedeutet
Die MiCA-Verordnung ist nicht nur ein weiteres Regelwerk, sondern ein wichtiger Schritt zur Integration der Welt der Kryptowährungen und DLT in die breitere Finanzlandschaft der EU. Die MiCA-Verordnung ist aus folgenden Gründen wichtig für Krypto-Unternehmen:
- Zugang zum EU-Markt: Die MiCA-Verordnung bietet Tech-Unternehmen, die sich mit Krypto-Projekten befassen, eine einzigartige Gelegenheit Zugang zum EU-Markt zu erhalten. Mit einem einzigen Regelwerk, das für alle 27 EU-Länder gilt, wird ein Markteintritt erheblich vereinfacht.
- Passporting-Regelung: Sobald Krypto- und Tech- Unternehmen in einem EU-Land zugelassen sind, können sie ihre Krypto-Dienstleistungen potenziell in der gesamten EU anbieten, ohne dass zusätzliche Lizenzen erforderlich sind. Dieser gestraffte Prozess erleichtert die grenzüberschreitende Tätigkeit und Expansion.
- Einheitliche Regeln: Die MiCA-Verordnung zielt darauf ab, ein harmonisiertes regulatorisches Umfeld in der gesamten EU zu schaffen, das einheitliche Regeln und Compliance Anforderungen gewährleistet. Sich mit unterschiedlichen Vorschriften in einzelnen EU-Ländern zu befassen, wird dadurch überflüssig und es entsteht Rechtssicherheit und Zuverlässigkeit für Krypto-Projekte.
- Neuer globaler Marktstandard: Durch die MiCA-Verordnung kann ein neuer globaler Standard für die Regulierung von Kryptowerten geschaffen werden, so wie dies durch die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für den Datenschutz geschehen ist. Dies kann dazu führen, dass regulierte EU-Krypto-Unternehmen einen globalen Vorteil, ein größeres Vertrauen der Anleger, eine breitere Akzeptanz und ein ausgereifteres Ökosystem erlangen, was sowohl für die Tech-Unternehmen selbst als auch für potenzielle Anleger attraktiv ist.
Von der MiCA-Verordnung regulierte Tokens
Die MiCA-Verordnung deckt verschiedene Arten von Kryptowerten ab. Kryptowerte sind definiert als eine digitale Darstellung eines Werts oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann. Die MiCA-Verordnung deckt drei Hauptarten von Kryptowerten ab:
- E-Geld-Tokens (EMTs): Diese sind Tokens, deren Wertstabilität unter Bezugnahme auf den Wert einer amtlichen Währung gewahrt werden sollen. EMTs spielen eine entscheidende Rolle bei der Überbrückung der Kluft zwischen traditioneller Fiat-Währung und digitalen Vermögenswerten in der EU. EMTs werden allgemein als Stablecoins klassifiziert. Ein Beispiel für einen EMT wäre der USDC oder der USDT.
- Vermögenswertereferenzierte Tokens (ARTs): Dies sind Tokens, die keine E-Geld-Tokens sind und deren Wertstabilität durch Bezugnahme auf einen anderen Wert oder ein anderes Recht oder eine Kombination davon, einschließlich einer oder mehrerer amtlicher Währungen, gewahrt werden soll. Auch ARTs werden gemeinhin als Stablecoins eingestuft. Ein Beispiel für einen ART wäre das (inzwischen eingestellte) Projekt Libra / Diem von Meta.
- Andere Kryptowerte: Dazu gehören alle Kryptowerte außer ARTs und EMTs, die nicht durch andere bestehende EU-Finanzvorschriften reguliert sind. Dazu zählen insbesondere Utility-Tokens. Diese sind Kryptowerte, die ausschließlich dazu bestimmt sind, Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung zu verschaffen, die von deren Emittenten bereitgestellt wird. Auch Bruchteile von Non-Fungible Tokens (NFTs) oder große NFT Serien oder Kollektionen können unter die MiCA-Verordnung fallen.
Die MiCA-Verordnung deckt eine breite Palette von Kryptowerten ab – es ist jedoch wichtig zu beachten, dass bestimmte Kryptowerte nicht in den Anwendungsbereich der MiCA fallen. Dies sind insbesondere solche, die bereits durch andere EU-Gesetze geregelt sind:
- MiFiD II – Finanzinstrumente (Security Tokens): Die MiCA-Verordnung reguliert keine Finanzinstrumente wie Security-Tokens, die bereits von der MiFiD II erfasst werden. Security-Tokens vermitteln beispielsweise mitgliedschaftliche Rechte oder schuldrechtliche Ansprüche vermögenswerten Inhalts. Dies können u.a. Rechte ähnlich einem GmbH-Anteil sein. Entsprechende Token werden meist unter MiFiD II gefasst.
- Fraktionalisierte NFTs und große NFT-Sammlungen: Non-Fungible Tokens (NFTs) unterfallen nicht der MiCA-Verordnung. NFTs sind Kryptowerte, die oft digitale Kunst und einzigartige Sammlerstücke darstellen. Sie haben ihre eigene Dynamik innerhalb des Krypto-Ökosystems. Bruchteile von NFTs („Fractional NFTs“) und große NFT-Sammlungen können dahingegen unter die MiCA-Verordnung fallen.
- Digitale Zentralbankwährungen (CBDCs): Digitale Zentralbankwährungen, die von Zentralbanken ausgegeben werden, fallen ebenfalls nicht unter die MiCA-Verordnung.
- Einlagen samt strukturierten Einlagen, Versicherungs- und Altersvorsorgeprodukte: Der MiCA-Verordnung unterfallen keine Einlagen oder strukturierte Einlagen, Nichtlebens- und Lebensversicherungsprodukte sowie Rückversicherungs- und Retrozessionsverträge oder Altersvorsorgeprodukte, für die jeweils eigene regulatorische Anforderungen gelten. Diese unterliegen anderen EU-Regularien.
Es ist von entscheidender Bedeutung, zu verstehen, welche Krypto- oder Vermögenswerte nicht unter die MiCA-Verordnung fallen. Diese Einordnung ist immer ein erster Schritt, um zu beantworten, ob die MiCA-Verordnung anwendbar ist oder nicht. Daher sollte man in einem ersten Schritt immer überprüfen, ob der betroffene Token möglicherweise vorrangigen EU-Vorschriften unterfällt. Es ist zu bedenken, dass die MiCA-Verordnung nationale Rechtsvorschriften überschreibt, die Kryptowerte im Sinne der MiCA-Verordnung regulieren.
Regulierte Aktivitäten
Die MiCA-Verordnung reguliert nicht nur verschiedene Kryptowerte, sondern auch verschiedene Akteure der Kryptoindustrie und gilt insbesondere für:
- Emittenten/Anbieter: Krypto-Unternehmen, die Kryptowerte emittieren oder anbieten oder solche, die versuchen, Kryptowerte zum Handel zuzulassen, fallen in den Regelungsbereich der MiCA-Verordnung.
- Kryptowerte-Dienstleister (CASPs): CASPs decken eine Reihe von Kryptowerte-Dienstleistungen ab, darunter Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden, der Betrieb von Handelsplattformen für Kryptowerte, die Platzierung von Kryptowerten, und die Beratung zu Kryptowerte.
Dezentrale Finanzen (DeFi) und Peer-to-Peer-Transaktionen (P2P) bleiben jedoch außerhalb des Anwendungsbereichs der MiCA-Verordnung. Wo die Grenze zwischen tatsächlichen DeFi-Angeboten und Projekten, die nur dem Namen nach dezentralisiert sind (decentralized in name only, „DINO“) verläuft, bleibt abzuwarten.
Anwendbarkeit auf Nicht-EU-Unternehmen
Auch Nicht-EU-Unternehmen, die Dienstleistungen in der EU anbieten, sind von der MiCA betroffen. Die MiCA-Verordnung gilt für Dienstleistungen, die innerhalb der EU für EU-Anleger angeboten werden, unabhängig vom Standort des Dienstleisters. Dies bedeutet, dass Nicht-EU-Unternehmen, die Dienstleistungen in der EU anbieten, die Vorschriften der MiCA-Verordnung einhalten müssen. Die in der MiCA-Verordnung vorgesehene Ausnahmeregelung für Reverse Solicitation erlaubt es Unternehmen außerhalb der EU, Krypto-Dienstleistungen für EU-Kunden auf deren Initiative hin zu erbringen, ohne dass dies regulatorische Anforderungen auslöst. Dies setzt voraus, dass das Unternehmen keine aktive Werbung oder Marketing betreibt. Dienstleister müssen sich jedoch darüber im Klaren sein, dass es im digitalen Zeitalter schwierig sein kann, die Grenze zwischen einem Angebot, das sich an EU-Kunden richtet, und einem, das dies nicht tut, zu ziehen – Anhaltspunkte können die auf der Website verwendeten Sprachen und die für Zahlungen verfügbaren Währungen sein.
Zeitplan und wichtige Daten der MiCA-Verordnung
Der Zeitplan für die Umsetzung der MiCA-Verordnung umfasst mehrere wichtige Schritte und Daten:
- Juli 2023 – Konsultationspaket 1: Im Juli 2023 veröffentlichte die EU das erste Konsultationspaket. Das Paket enthält technische Standards mit Anforderungen, insbesondere für CASPs und ARTs, z. B. Inhalt und Vorlage eines Zulassungsantrags für CASPs.
- Oktober 2023 – Konsultationspaket 2: Das Konsultationspaket 2 wird im Oktober 2023 erwartet. Es werden weitere Standards für CASPs definiert. Insbesondere werden die Klassifizierung, die Vorlagen und das Format von Kryptowerte-Whitepaper behandelt.
- Q1 2024 – Konsultationspaket 3: Im ersten Quartal 2024 wird das Konsultationspaket 3, die letzte Phase der Konsultationen, veröffentlicht. In dieser Phase werden verbleibenden Bedenken ausgeräumt und die Verordnung auf der Grundlage der Rückmeldungen aus den vorangegangenen Konsultationen weiter verfeinert. Von großer Bedeutung werden die Leitlinien für die Einstufung von Kryptowerten als Finanzinstrumente und die Beiträge zum Mechanismus der Reverse Solicitation sein.
- Juni 2024 – Bestimmungen für ARTs und EMTs gelten: Im Juni 2024 sind weitere Bestimmungen der MiCA-Verordnung anwendbar, insbesondere für ARTs und EMTs. Dies ist der erste greifbare Schritt zur vollständigen Anwendbarkeit der MiCA-Verordnung.
- Dezember 2024 – MiCA-Verordnung ist vollständig anwendbar: Im Dezember 2024 wird die MiCA-Verordnung vollständig anwendbar sein. Dies ist ein wichtiger Schritt für die europäische Kryptoregulierung. Die Marktteilnehmer, darunter Tech- und Krypto- Unternehmen, müssen ihre Geschäftstätigkeit an die Anforderungen der Verordnung anpassen.
- Juli 2026 – Ende der Übergangsmaßnahmen für CASPs: Im Juli 2026 enden Übergangsmaßnahmen für CASPs. Bis zu diesem Datum müssen CASPs den Zulassungsprozess abgeschlossen haben, um ihre Dienste innerhalb der EU weiterhin anbieten zu können.
Fazit und Praxistipps
Die MiCA-Verordnung steht vor der Tür – daher müssen sich Tech-Unternehmen, die in der EU Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Projekten und DLT anbieten, vorbereiten. Hier sind einige praktische Tipps dazu:
- Klassifizierung von Tokens: Es muss festgestellt werden, ob die Tokens, die ausgeben werden oder für die Dienstleistungen erbracht werden, als Kryptowerte im Sinne der MiCA-Verordnung gelten oder nicht. Dadurch wird festgestellt, ob die MiCA-Verordnung der relevante regulatorische Rahmen für den betroffenen Token ist, oder nicht.
- Bewertung von Dienstleistungen: Es gilt zu analysieren, ob Kryptowerte-Dienstleistungen in den Anwendungsbereich der MiCA-Verordnung fallen. Die Kenntnis der spezifischen Vorschriften für Kryptowerte-Dienstleistungen, ist für die Einhaltung der Vorschriften unerlässlich.
- Zulassung und Genehmigung: Wenn Dienstleistungen eine Zulassung oder Genehmigung nach der MiCA-Verordnung erfordern, sollten solche Genehmigungen proaktiv eingeholt werden. Es gilt, solche Prozesse frühzeitig einzuleiten, um mögliche Verzögerungen und unvorhergesehene Hindernisse zu vermeiden.
- Juristisches Fachwissen: Angesichts der Komplexität der MiCA-Verordnung sollte man sich rechtlich beraten lassen, um sicherzustellen alle relevanten Vorschriften einzuhalten. Rechtsexperten können eine auf die spezielle Situation zugeschnittene Beratung anbieten und helfen, sich in rechtlichen Feinheiten zurechtzufinden.
- Informiert bleiben: Es gilt den Zeitplan für die MiCA-Verordnung und alle Aktualisierungen der EU-Regulierungsbehörden genau im Auge zu behalten. Um sich effektiv anpassen zu können, ist es entscheidend, über die sich entwickelnde Regulierungslandschaft informiert zu sein.
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